Würde: ein Zentralbegriff der Menschenrechte

Lieferzeit
2-3 Tage
20,00 €
Inkl. 7% Steuern
Auf Lager
SKU
978-3-944101-22-4

Karl-Heinz Wollscheid
Würde: ein Zentralbegriff der Menschenrechte
Anthropologische Grundlagen unter besonderer Berücksichtigung von Freiheit und Personalität

136 Seiten, Format: DIN A5, Hardcover, Gewicht 350 gr.

ISBN 978-3-944101-22-4, Preis: 20,00 EUR, Rhombos-Verlag Berlin

Zum Buch

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beginnt mit dem Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Auch im ersten Satz der Deklaration der Menschenrechte ist die Würde ein Zentralbegriff: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Karl-Heinz Wollscheid untersucht die geistesgeschichtlichen Wurzeln der Entstehung der Menschenrechte, des Begriffs der Würde und der verschiedenen Begründungen für ein Recht, das allen beschlossenen Gesetzen vorausgeht. Anschließend zeigt der Autor Wege, wie man die erörterten philosophischen und theologischen Grundgedanken in unser heutiges Menschenbild integrieren kann, das durch Evolutionslehre, Genetik und Hirnforschung geprägt ist. Der Autor sieht als Grundlage für die Würde des Menschen die angeborene Potenz zur Entfaltung der Persönlichkeit, welche die Freiheit zur autonomen Lebensgestaltung voraussetzt. Die Würde des Menschen ist unantastbar, weil der Mensch Person ist.

Vorwort
Die Forderung, die Menschenrechte einzuhalten, hört und liest man in der letzten Zeit immer häufiger im Zusammenhang mit Themen, die ich hier nur stichwortartig – ohne Anspruch auf Rangfolge oder Vollständigkeit – ansprechen möchte: Bürgerkriege, Terror durch Islamisten, menschenunwürdige Behandlung von Flüchtlingen, Einschränkung des Asylrechts, Bedrohung der Meinungs-und Pressefreiheit in Staaten, die sich immer stärker auf eine Diktatur hinbewegen, oder auch in der Diskussion über die Frage, ob die Scharia und die fundamentalistischen Formen des Islam mit den Menschenrechten vereinbar seien oder nicht. Dazu kommen Fragestellungen, welche durch den enormen Fortschritt der Erforschung des Anfangs und des Endes menschlichen Lebens erst in letzter Zeit aufgetaucht sind. Zum Beispiel stellt sich heutzutage die Frage, ob man außerkörperlich befruchtete Eizellen selektieren und einige davon „verwerfen“ darf, oder auch, ob man schon vor der Einnistung dieser Zellen in die Gebärmutter oder vor der Synapsenbildung im Gehirn des Fötus von einem Menschen sprechen kann, der Recht auf Leben und eine Würde besitzt. Auch bei erwachsenen Menschen in Krisensituationen sind neue Fragestellungen entstanden, z. B. bei Menschen im unaufhebbaren Koma oder bei Menschen, deren Hirnaktivität erloschen ist, deren Herz aber noch schlägt. Darauf werde ich im Einzelnen nicht eingehen, weil ich nur die anthropologischen Grundlagen der Würde des Menschen erörtern möchte, die allerdings in der Beantwortung solcher Fragestellungen herangezogen werden können, worauf ich einige Hinweise geben werde. Zweifellos ist es notwendig, die politischen und juristischen Konsequenzen, die aus diesen Grundlagen resultieren, mit ihrer Verwirklichung zu vergleichen. Viele Organisationen, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Menschenrechte zu verteidigen und über ihre Einhaltung zu wachen, haben in den letzten 70 Jahren, vom Ende des Zweiten Weltkriegs an bis heute, nachgewiesen, dass das bloße Bekenntnis der meisten heutigen Staaten zu den Menschenrechten und deren Verwirklichung noch meilenweit auseinanderklaffen. Dies wird vor allem deutlich bei der Missachtung des Rechts, nicht wegen seiner Rasse, seiner Religion oder seines Geschlechts benachteiligt zu werden und bei der Behinderung oder gar Aufhebung der Bürgerrechte, wozu außer der Meinungs- und Pressefreiheit auch die Versammlungsfreiheit und die Reisefreiheit gehören. Diese Rechte werden aus den fundamentalen Menschenrechten abgeleitet, aber in vielen Ländern so unterschiedlich interpretiert und angewendet, dass nicht die Rede davon sein kann, sie seien überall verwirklicht. Bei fast jeder Reise eines deutschen Politikers nach China wird er aufgefordert, die Chinesen zu ermahnen, die Einhaltung der Menschenrechte zu gewährleisten. Die chinesische Führung verweist im Gegenzug regelmäßig darauf, die Verwirklichung der auch von ihr anerkannten Menschenrechte sei nur länderspezifisch zu gestalten, insofern eine innere Angelegenheit, in die man sich nicht einmischen sollte. Außerdem wird der westlichen Interpretation der Menschenrechte unterstellt, sie sei selbstherrlich, arrogant und im Unterschied zum kommunistischen China einseitig an einem individualistischen Menschenbild orientiert. Die unterschiedlichen Interpretationen machen es notwendig, die Grundlagen neu zu durchdenken, deren universelle Geltung auch in der westlichen Welt von Relativisten und Kontextualisten bezweifelt wird. Ich versuche nachzuweisen, dass es trotz des unbestreitbaren Kontextes eine universelle Geltung gibt, die man als unveräußerbaren Besitz bezeichnet hat, der von Natur aus, von der Entstehung menschlichen Lebens an sowohl stammesgeschichtlich als auch individuell zum Mensch-Sein gehört. Die Mitgliedschaft in der UNO setzt voraus, dass die Charta der Vereinten Nationen anerkannt wird, in deren Präambel steht:
Wir, die Völker der Vereinten Nationen (sind) fest entschlossen … unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut zu bekräftigen.
Insofern verpflichten sich alle 193 Staaten (Stand 2013), die der UNO beigetreten sind, zur Einhaltung der „Grundrechte des Menschen“ und indirekt auch zur Deklaration der Menschenrechte von 1948, die „erneut bekräftigt“ werden sollen. Artikel 1 der Deklaration der Menschenrechte der Vereinten Nationen beginnt mit dem Satz: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Darin sind drei Begriffe aus dem Titel meines Essays enthalten, die ich näher betrachten möchte: Würde, Freiheit und (fundamentale) Rechte. Die Grundbedeutung des Wortes Essay ist Versuch; ich unternehme hier den Versuch, diese Begriffe und ihre Bedeutung im Rahmen unseres heutigen Menschenbilds zu erklären. Nach einer kurzen Erörterung der ersten Artikel des Grundgesetzes und der Deklaration der Menschenrechte beschreibe ich im zweiten Teil meines Essays die geistesgeschichtlichen Wurzeln dieser Begriffe. Nach einer Darstellung der Mitleidslehre des konfuzianischen Gelehrten Menzius erörtere ich die klassisch-antike Lehre vom Naturrecht und Ciceros Begründung der Würde des Menschen. Anschließend untersuche ich den jüdisch-christlichen Einfluss auf die Entstehung der Menschenrechte. Der Renaissance-Humanist Pico delle Mirandola bezeichnet die Würde als etwas, das von Gott verliehen wurde. Als ein solches Geschenk Gottes betrachtet er auch die Freiheit des Menschen, die mit der beginnenden Neuzeit in immer stärkerem Maße zur Begründung der unveräußerlichen Rechte des Menschen herangezogen wird. Hobbes sieht in der Freiheit einen Bestandteil der bestialischen Natur des Menschen, die durch den Staat wie von einem Ungeheuer in seine Schranken gewiesen werden müsse. Rousseau glaubt dagegen daran, dass alle Menschen von Natur aus frei, gleich und gut seien und dass im Gesellschaftsvertrag diese Freiheit zwar verändert, letztlich aber erhalten bleiben müsse. Locke sieht den Grund für das Recht und die Gerechtigkeit von Lohn und Strafe in der Identität der Person. Kant begründet die unaufhebbare Würde des Menschen damit, dass er den Menschen als Zweck an sich bezeichnet und dass er allem, was keinen Preis hat, eine Würde zuschreibt. In der Autonomie des Menschen sieht er den Schlüssel zu seiner Freiheit. Heutige Neurologen und Psychologen äußern erhebliche Zweifel an der Freiheit des Menschen. Im dritten Teil meines Essays versuche ich, die die geistesgeschichtlichen Wurzeln der Menschenrechte in unser heutiges Menschen- und Weltbild zu integrieren und diese Zweifel zu widerlegen. Dieser Versuch kann nicht davon absehen, dass mein eigenes Menschen- und Weltbild der Ausgangspunkt dafür ist, auch wenn ich die objektiven Ergebnisse der heutigen Naturwissenschaft zur Begründung heranziehe und meine subjektiven Elemente soweit wie möglich dahinter zurückstelle. Ich hoffe dennoch, einen Beitrag zur aktuellen Diskussion leisten zu können, denn erst, wenn die Fundamente klar, deutlich und stabil grundgelegt sind, kann man die darauf aufbauenden Forderungen kraftvoll verteidigen. Bevor Darwin seine Lehre von der Evolution des Lebens und der Abstammung des Menschen von den Menschenaffen begründet hat – was danach unwiderruflich bestätigt wurde – kann man es keinem der vor ihm lebenden Philosophen übelnehmen, dass er seine Anthropologie nicht darauf aufbaut. Mir ist bei der Lektüre der philosophischen Texte, die ich im Essay bespreche und aus denen ich Ausschnitte zitiere, noch deutlicher als schon bisher bewusst geworden, wie stark das Buch Genesis und die Erzählungen von Adam und Eva das abendländische Menschenbild geprägt haben. Umso wichtiger erscheint es mir, nach einer Entmythologisierung die überzeitlichen Gesichtspunkte herauszuarbeiten, die auch mit dem heutigen Stand der Evolutionslehre, der Genetik, der Verhaltensforschung und der Hirnforschung vereinbar sind.
Sowohl in den Schriften der maßgebenden Philosophen als auch in der Formulierung der Menschenrechte werden Begriffe wie Vernunft oder Gewissen verwendet, die es zu klären gilt, denn sie setzen im Rahmen eines Menschenbilds ein Modell der Psyche voraus. Psychische Modelle werden stets umstritten bleiben, weil sie größtenteils auf Innenschau (Introspektion) beruhen. Wie im Untertitel angekündigt, versuche ich die anthropologischen Grundlagen der Menschenrechte zu erörtern, daher werde ich mich auch mit solchen Modellen auseinandersetzen. Der in der Deklaration der Menschenrechte verwendete Begriff Gewissen wäre z. B. gegenstandlos, wenn die Freiheit des Menschen geleugnet wird. Aristoteles hat die Vernunft als spezifische Differenz des Menschen gegenüber den Tieren bestimmt. Ich werde die Personalität dafür einsetzen, in der Vernunft und Gewissen enthalten sind.

Mehr Informationen

Mehr Informationen
Autor Wollscheid, Karl-Heinz
ISBN 978-3-944101-22-4
Erscheinungstermin 01.10.2016
Lieferzeit 2-3 Tage
Copyright © 2021 Rhombos-Verlag. All rights reserved.