Spezifische Merkmale einer effektiven Beraterkompetenz
Die Ernährungsberatung vermittelt nicht nur Wissen und Fakten, sie muss auch die möglichen situativen, personalen und entwicklungsbedingten Einflüsse auf das konkrete Ernährungsverhalten angemessen berücksichtigen. Ernährungsberatung kann nicht nur zu einer spezifischen Verhaltensänderung in der Ernährung führen, sondern kann darüber hinaus die gesamte Persönlichkeitsentwicklung eines Ratsuchenden beeinflussen. Die Beratungskraft benötigt deshalb berufliche Kompetenzen, die über das reine Fachwissen und deren Vermittlung hinausreichen. Diese Kompetenzen wurden in einer umfassenden Theorieanalyse ermittelt.
Anhand von Interviews mit berufstätigen Ernährungsberaterinnen und –beratern wurde die Bedeutung dieser Kompetenzen für die Berufspraxis überprüft. Die Studien ergaben, dass neben ausreichenden Fachkenntnissen insbesondere folgende Kompetenzmerkmale für die Ausübung des Berufs besonders wichtig sind: Emotionale Zuwendung, Empathie, Sozialkompetenz, Wille zur Kontaktaufnahme, Frustrationstoleranz, Geistige Flexibilität, Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl, Authentizität, Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit. Diesen Kompetenzmerkmalen werden Persönlichkeitsmerkmale zugeordnet, die dem „16-Persönlichkeits-Faktoren-Test (revidierte Fassung)“ und dem „Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung“ entnommen sind.
In zwei empirischen Untersuchungen wird überprüft, ob Veränderungen dieser Persönlichkeitsmerkmale belegbar sind und ob hierfür die Praktikumserfahrungen eine besondere Rolle spielen. Wenngleich Persönlichkeitsveränderungen immer multikausaler Art sind, so kann man aufgrund des Datenmaterials einen solchen Zusammenhang zumindest vermuten. Eindeutigere Zusammenhänge lassen sich vor allem aus den durchgeführten Interviews ableiten.
Prof. Dr. Dr. Werner Merkle studierte Makroökonomie sowie Psychologie und promovierte zum Dr. rer. pol. und Dr. phil. Seit fast zwei Jahrzehnten ist er als Hochschullehrer tätig, zunächst an der Fachhochschule Fulda, danach als Professor für Beratungslehre an der Hochschule Anhalt (FH) in Bernburg. Er nahm darüber hinaus zahlreiche Lehraufträge an mehreren Universitäten und Fachhochschulen wahr und arbeitete nebenberuflich als Konfliktberater.
Erschienen in der
Schriftenreihe zur Entwicklung sozialer Kompetenz.
Herausgegeben von Gerhard Igl / Hartmut Knopf / Werner Merkle
Der rasche Wandel in unserer Zeit bedingt fortlaufend Veränderungen in sämtlichen Lebensbereichen. So stellt die Zukunft Unternehmen und deren Mitarbeiter vor zahlreiche neue Aufgaben. Moderne Technologien, steigende Anforderungen an die Qualität, veränderte mikro- und makroökonomische Organisationsformen erfordern eine hohe Flexibilität des Einzelnen, die auch die Beziehungen im Arbeitsprozess umfasst. Die Zusammensetzung der jeweiligen Struktureinheiten richtet sich nach den Anforderungen des Betriebsprozesses und verändert sich zuweilen innerhalb kürzester Zeit. Die gleichzeitige Mitarbeit in verschiedenen Arbeitsgruppen setzt eine schnelle Umstellung auf das jeweilige Subsystem voraus, in dem spezifische soziale Strukturen mit jeweils abweichenden Kooperations- und Kommunikationsformen herrschen.
Oft fehlt die Zeit für ein langsames, sich gegenseitiges Annähern, da die betriebliche Funktionalität eine rasche zielorientierte Zusammenarbeit voraussetzt. Dies verlangt, dass der Einzelne über eine hohe Flexibilität in seinem Verhalten und über hohe soziale Kompetenz verfügt. Zunehmende Anforderungen an die Mobilität führen zugleich zu Veränderungen in den sozialen Kontakten, deren Stetigkeit und Dauerhaftigkeit abnimmt. Hinzu kommen vermehrt Vereinzelungstendenzen, die wiederum auch durch neue Technologien und Arbeitsformen bedingt sind. So bleibt die Entwicklung sozialer Kompetenz, wie sie in Alltagssituationen erworben werden kann, oft hinter den Anforderungen in den verschiedenen Lebensbereichen zurück. Zudem werden diese Kompetenzen in der schulischen, beruflichen und universitären Ausbildung nicht ausreichend gefördert.
Mit dieser Schriftenreihe soll daher ein Beitrag geleistet werden, diesbezügliche Defizite zu beheben. Die Schriften wenden sich gleichermaßen an Vertreter der Theorie und Praxis, an Ausbilder und Lehrende, wie auch an Personen, die unternehmerische Verantwortung tragen. Den Ausbildern zeigen sie Möglichkeiten auf, wie solche Kompetenzen vermittelt werden können, den Vertretern der beruflichen Praxis geben sie Hilfestellung bei der betrieblichen Bewältigung sozialer Anforderungen.