Gestaltungsspielräume der Verfahrenskombination aus mechanisch-biologischen und thermischen Komponenten
Einleitung
Am 1. Juni 1993 trat die TA Siedlungsabfall als „Dritte Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz“ in Kraft. Sie beinhaltet die technische Anleitung zur Vermeidung, Verwertung, Behandlung von Siedlungsabfällen. Damit liegt ein für die Entsorgungspraxis, unter den Rahmenbedingungen der sozialen und ökologischen Marktwirtschaft, grundlegendes Werk vor. Die darin verfolgten Schutzziele, die Bewahrung der Umwelt und die Vorsorge für die zukünftigen Generationen, stellen Prioritäten für eine nachhaltige Entwicklung als Hauptsäule der deutschen Umweltpolitik dar.
Um diese Ziele zu erreichen, verlangt die TA Siedlungsabfall nicht vermeidbare und nicht verwertbare Abfälle umweltgerecht zu behandeln und abzulagern. Die dafür angewendeten Vorbehandlungsverfahren werden nicht genauer definiert. Gefordert wird allerdings, dass durch die Behandlung bestimmte Eigenschaften des Deponieinputs erreicht werden. Dabei spielt die biologische Restaktivität des behandelten Abfalls eine entscheidende Rolle, die im wesentlichen über die organische Substanz beschrieben wird. Für ihre Charakterisierung wird der Glühverlust herangezogen. Dieser darf nach Anhang B der TA Siedlungsabfall für die Deponieklasse II einen Wert von 5% nicht überschreiten.
Damit werden die Behandlungsverfahren derzeit praktisch auf die thermische Behandlung des Restabfalls eingeschränkt. Ohne die Leistungsfähigkeit moderner Anlagen dieses Typs zu bezweifeln, ist dennoch zu überlegen, dass nicht nur eine Restabfallbehandlungstechnologie, sondern die im Sinne der Schutzziele insgesamt beste und auch wirtschaftlichste Lösung unter Nutzung aller verfügbaren Techniken in der jeweiligen Gebietskörperschaft angewendet wird.
Das am 07. Oktober 1996 in Kraft getretene Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz [98] räumt der energetischen Verwertung den gleichen Rang wie der stofflichen Verwertung ein. Die Abgrenzung der energetischen Verwertung von der thermischen Beseitigung knüpft der Gesetzgeber jedoch sowohl an stoff- und anlagenspezifische als auch an umweltbezogene Kriterien an.
Darüber hinaus gestattet das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz auch eine stoffliche Verwertung in thermischen Prozessen, wobei der Gesetzgeber vorschreibt, dass der Nutzen bei der Verwertung des Abfalls und nicht die Beseitigung des Schadstoffpotentials den Hauptzweck der Maßnahme darstellen muss.
Entsprechend dem vorstehend erläuterten rechtlichen Rahmen kann der Restabfall vor der Ablagerung entweder thermisch behandelt bzw. verwertet oder aber in einer Kombination aus mechanisch-biologischer Vorbehandlung und nachgeschalteter thermischer Beseitigung bzw. Verwertung entsorgt werden. Bei der Entscheidungsfindung sollten sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Kriterien berücksichtigt werden.
Die Betrachtung der abfallwirtschaftlichen Situation in Deutschland lässt erkennen, dass z. Zt. keine flächendeckende Entsorgungssicherheit über den thermischen Vorbehandlungspfad gewährleistet ist. In Ballungsräumen, wie z.B. Nordrhein-Westfalen, ist eine Abdeckung über Müllverbrennungsanlagen gesichert. Bei der Betrachtung der Flächenländer, wie z.B. den neuen Bundesländern, wird deutlich, dass ein nicht unerheblicher Bedarf an thermischer Verbrennungskapazität besteht.
Eine Lösung der Problemstellung kann ein auf die jeweiligen Bedürfnisse angepasstes Stoffstrommanagement bringen. Mit Betrachtung des abfallwirtschaftlichen Mengengerüstes wird deutlich, dass Lösungswege für die Zeit nach 2005 gesucht werden müssen. Vom Gesamtrestabfallaufkommen von etwas über 40 Mio Mg/a (Hausmüll, hausmüllähnlicher Gewerbeabfall, Sperrmüll und Klärschlamm), die als zu behandelnde Abfallströme in Beseitigungsanlagen jährlich entsorgt werden müssen, können ca. 12,6 Mio Mg/a über die derzeit installierte Verbrennungskapazität abgedeckt werden.
Von dem verbleibenden Restmüllanteil von ca. 30 Mio Mg/a werden zur Zeit ca. 1,4 Mio Mg in mechanisch-biologischen Abfallvorbehandlungsanlagen vor der Deponierung behandelt, die verbleibende Restmenge wird ohne Vorbehandlung direkt in Deponien eingelagert. Unter Einbeziehung der rückläufigen Abfallmengenstatistik reduziert sich dieser Mengenstrom auf 22 Mio Mg/a im Jahre 2005. Hierfür gilt es Vorbehandlungskapazitäten zu schaffen.
Um dieser Fragestellung unter ökologischen und wirtschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden, bieten sich Kombinationsmodelle aus mechanisch-biologischer Vorbehandlung und thermischen Verfahren an.